Bujinkan

Kukishinden Ryu Happo Biken Jutsu

(Schule der neun Dämonengötter)

Der Überlieferung nach wurde der Bergründer der Kukishin-Ryu, Ryushin Yakushimaru Kurando, am 1. Januar 1318 in Doyu Shirōhōgan in der Präfektur Wakayama geboren. Seine Familie war einer der einflussreichsten Clans in Kumano, Nachkommen des Fujiwara Clans und seit Generationen Bettō (Vorsteher) des nahegelegenen des Kumano-Hongu-Taisha-Schreins. Ryushin Yakushimarus Mutter war Chigusa-Hime, deren Bruder Suketomo Dainagon Hino ein Mitglied des südlichen kaiserlichen Hofes war. Chigusa-Hime hatte zunächst vergeblich auf Nachwuchs gehofft. So pilgerte sie zum Enryaku-ji-Tempel am Berg Hiei und betete dort hilfesuchend zum Yakushi Buddha (Bhaisajyaguru-Vaiduryaprabha). Bald darauf wurde sie schwanger und gebar einen kleinen Jungen, den sie nach der Gottheit "Yakushimaru" nannte.

Großvater Dōjitsu und Shingu-Bettō Ariie unterwiesen Ryushin Yakushimaru Kurando in den in seiner Familie überlieferten Kampf- und Militärwissenschaften (Shinden Fujiwara Musō-ryū). Sein Vater Dōyu führte ihn zudem in Shugendō, die Religion der asketischen Bergmönche, ein. Später ging Ryushin Yakushimaru Kurando nach Kyoto, wo ihn der buddhistische Mönch Jōkai im Sanmaku-in-Tempel den esoterischen Buddhismus lehrte.

Im Kurama-Dera-Tempel nördlich der Hauptstadt Kyoto, am Berg Kurama gelegen, führte Ryushin Yakushimaru Kurando seine Kampfkunst-Ausbildung fort und wurde ein Meister des Kuji-hihō und des Onmyo-do, eines Systems traditioneller japanischer Kosmologie, bestehend aus Naturwissenschaften, Astronomie und Magie mit taoistischen und shintoistischen Einflüssen. Dieser spirituelle Hintergrund ist auch in unserer Zeit noch Teil der Kukishinden-Ryu, was in der Verwendung des Kurama Sojobo Hyoho Kuji (鞍馬僧正坊兵法九字) als formelle Eröffnungszeremonie des Trainings (keiko) deutlich wird. Aus den Dokumenten, die immer noch im Besitz des Kukin-Clans sind, lässt sich der Schluss ziehen, dass das Wissen, welches innerhalb des Clans weitergegeben wurde, auf drei Säulen beruhte: Kukishin-ryû Kobudo, Kumano Shugendo und Koshinto.

Zur Namensgebung "Kukishin Ryu – Schule der neun Dämonengötter" kam es der Legende nach durch folgende Begebenheit: Im Jahre 1333 wurde der 96. Tenno (japanische Kaiser) Go Daigo von Shogun Ashikaga Takauji unter Hausarrest gestellt. Grund dafür war, dass Go Daigo den Kaiserthron, der nach einer Entscheidung des Kamakura-Shogunats alle 10 Jahre zwischen den Daikakuji- und Jimyōin-Linien wechseln sollte, nicht abgeben wollte. So verbannte ihn das Kamakura-Shōgunat auf die Insel Oki in der heutigen Präfektur Shimane und ernannte Kōgon zum Tennō. In seinen Versuchen, die militärische Macht wiederzugewinnen, gelang es Go Daigo, das Vertrauen des Generals Takauji Ashikaga zu gewinnen, der von der Shōgunatsherrschaft zunehmend desillusioniert worden war. Während der darauffolgenden Rebellion wurde Tenno Kōgon entmachtet und Go Daigo bestieg wieder den Thron. Seinen Sohn, Prinz Moriyoshi, ernannte er zum Shogun. Ashikaga Takauji lehnte sich jedoch gegen Prinz Moriyoshi auf, entmachtete ihn und ernannte 1336 Kōgons Bruder Kōmyō zum Gegentenno. Prinz Moriyoshi wurde 1335 von Takauji Ashikagas jüngerem Bruder Ashikaga Tadayoshi getötet. Go Daigo verlegte den Hof daraufhin von Kyōto weg in die Yoshino-Berge. Dies war der Beginn der Zeit der Nord- und Südhöfe, die Spaltung des Kaiserhofs in die Nord-Dynastie und die Süd-Dynastie.

1336, ein Jahr, nachdem Ryushin Yakushimaru Kurando sein Erwachsenwerden feierte, kam es zu einem Krieg des Südhofs gegen den Nordhof. Im Juni 1336 griff Ryushin Yakushimaru Kurando im Dienste Takauji Ashikagas mit seiner Vorhut die Festung des Südhofs auf dem Berg Hiei an. Die Festung fiel schließlich, der südliche Hofkaiser Go Daigo wurde mit seinen treuen Vasallen gefangen genommen und im alten Palast des ehemaligen Tennos Kazanin eingekerkert. Doch Takauji Ashikaga behandelte die Gefangenen so abscheulich, dass Ryushin mit den Worten zitiert wurde: "Es ist möglich, den Kaiser von der harten Behandlung zu verlieren, die er erhält. Ich werde seine Rettung planen!"

Zusammen mit anderen Verschwörern, Ooe Gyōbu Daiyu Kageshige, Bessho Saburō Takanori (Kojima Takanori), Hiyoshi Iga Nyudō und Kisshuin Sōshin Hōgen, brach Ryushin Yakushimaru Kurando in den Palast von Kazanin ein, befreite Tenno Go Daigo und floh mit ihm nach Yoshino. Tadayoshi Kuragari-Tōge, der jüngere Bruder von Takauji Ashikaga, entsandte daraufhin eine Armee von etwa zehntausend Kriegern zur Verfolgung. Ryushin Yakushimaru Kurando und seine Mit-Verschwörer wurden in Kuragari-Tōge eingeholt, einem Gebirgspass an den Grenzen der Präfekturen Osaka und Nara. Tapfer stellten sie sich gegen die Verfolger und wählten jeweils eine Waffe, mit der sie sich auskannten. Ooe Gyōbu Daiyu Kageshige nahm ein Schwert, Takatoku Pfeil und Bogen und Ryushin Yakushimaru Kurando eine Naginata.

Da die Armee Tadayoshi Kuragari-Tōges ihnen völlig überlegen war, entbrannte ein Kampf der Strategie und des Ausweichens. Als die Klinge von Ryushins Naginata im Gefecht abgeschnitten wurde, benutzte er den verbliebenen Stab, um die Gegner in seiner Nähe niederzuschlagen und in Schach zu halten, indem er ihn in die Luft schwang und dabei den Kuji-Kiri ausführte. Es wird gesagt, dass das Bōjutsu der späteren Kukishin Ryū auf genau den Techniken basiert, die Ryushin Yakushimaru Kurando in dieser Schlacht verwendete.

Schließlich traf die Verstärkung von Yoshino ein und sie konnten den Tenno Go Daigo sicher zu einer kleinen tempelartigen Hütte am Berg Kinpusen bringen. Ryushin Yakushimaru Kurando gelang es dabei, die „Drei Schätze des kaiserlichen Hauses“, die er in einem Schriftenlager in Yokawa auf dem Berg Hiei versteckt hatte, wieder in seinen Besitz zu bringen. Kaiser Go Daigo lobte nach seiner Rettung Ryushin Yakushimaru Kurandos Einsatz und befragte ihn nach seinen geheimen Techniken. Ryushin antwortete: "Es ist eine geheime Technik, die in meiner Familie weitergegeben wird. Es ist die geheime Kunst von Kuji." Daraufhin ordnete der Tenno an: "Gott kennt Ihre Loyalität. Sie werden Ihren Nachnamen Fujiwara in Kuki ändern."

Das "Ku" von "Kuki" steht auf Japanisch für "Ku" oder "Neun". "Ki" kann "Kami" ausgesprochen werden, wenn das Zeichen auf japanische Weise ausgesprochen wird, was "Oni-gami" (Heiliger Geist) im Gegensatz zu "Oni" (böse Geister) bedeutet. "Ku-ki" ist also eigentlich "Ku-kami". Es ist jedoch seit der Edo-Zeit üblicherweise "Kuki" ausgesprochen worden. Nach dem Krieg beklagte sich Ryushin Yakushimaru Kukis Mutter Chigusa Hino, deren Familie dem Südhof angehörte, darüber, dass Ryushin sich auf die Seite des Nordhofs gestellt hatte. Sie reiste nach Musashi (heutige Hino-Stadt in Tokio), wo die Familie Hino noch lebte und starb dort verzweifelt.

Zu Ehren seiner Mutter schuf Ryushin Yakushimaru Kuki das Kukishin Bojutsu, welches er "Juji-Roppou-Kujidome" nannte und widmete sich seitdem dem Schutz des Tennos Go Daigo. Die Aufzeichnungen der Familie Kuki werden in Schriftrollen und Transkriptionen aufbewahrt, die selten gezeigt, aber von Gelehrten gesehen und bestätigt wurden. Der Öffentlichkeit wurden diese alten Dokumente erst bekannt, als Miura Ichiro 1941 eine Studie des Kuki-Archivs veröffentlichte. Die alten Schriftrollen enthalten Aufzeichnungen über das mythologische Zeitalter und ergänzen so die beiden wichtigsten antiken Dokumente Japans, das Kojiki und das Nihon Shoki. Bände über Ko-Shinto, Kampfsport und Kumano Honzan Shugendō wurden ebenso bestätigt. Bis zu Miuras Veröffentlichung war die einzige Erwähnung der Schriftrollen in Band zwei von Sontoku Okina Yawa, in dem Kuki Takahiro, das 24. Oberhaupt der Kukis, beschrieben wurde, der dem Gelehrten Ninomiya Sontoku "zehn Bände Bücher über den Shintoismus" gab. Auf Miuras Veröffentlichung folgte die "Kuki-shinden-zensho" von Ago Kiyotaka, einem führenden Erforscher der alten Geschichte, die einige Inhalte der Schriftrollen, einschließlich der Ursprünge und der Geschichte der Kukishin-Ryū, ausführlich beschrieb.

Interessant zu wissen ist, dass ursprünglich Takamatsu Toshitsugu Soke der Kukishin Ryu werden sollte. Doch da er lange Zeit durch China, Korea und die Mongolei reiste, geschah es, dass der Titel des Soke während seiner Abwesenheit an Iwami Nangaku vergeben wurde. Doch weil Takamatsu nach dem Zweiten Weltkrieg für die Kuki-Familie die bei einem Bombenangriff zerstörten Densho der Ryu restaurierte, gestattete man ihm, einen eigenen Ableger der Kukishin Ryu zu begründen, die Kukishinden Ryu. Auch soll Aikido von der Kukishin Ryū abstammen. Es heißt, Ueshiba Morihei habe seine Stabtechniken von einem Sōke der Kukishin Ryū erlernt. Kano Jigor, der Begründer des Jūdō, hat ebenfalls Techniken von Takamatsu Sensei gelernt.

Die Kukishin Ryū Happo Hiken no Jutsu (auch Kukishinden Happo Hijutsu oder Kukishinden Happo Biken) repräsentiert ein umfassendes Bujutsu-System welches für den Einsatz auf dem Schlachtfeld konzipiert wurde. Entsprechend werden sämtliche Techniken in Rüstung (Yoroi) trainiert oder – falls man keine Rüstung sein Eigen nennt – so, als hätte man eine Rüstung an. So werden in den Kamae der Kukishinden Ryu die Arme sehr eng am Körper gehalten, um die Lücken der Rüstung abzudecken und die eigenen Kräfte zu schonen. Außerdem sind die Kamae auf einen festen Stand ausgelegt, was für den gepanzerten Kampf überlebenswichtig ist.

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